Nach Kullu und in das Parbati Tal

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Sa. 23.9.2017:
Am Morgen steht die Straße noch knöcheltief unter Wasser, aber der Regen wird schwächer. Ich checke aus und deponiere den Rucksack bis zum Abend. Mit der Metro zum ISBT  und ein Bus Ticket für heute Abend 19Uhr besorgt. Dann mit der Metro nach Süden nach Qutub Minar. Ist heute eine Vorstadt war aber irgendwann die Wiege von Delhi. Finde aber erstmal nur ein riesiges Steinmonument. Sieht aus wie ein nackter Buddha. Eine Familie  beim Wochenendausflug belehrt mich aber: es ist ist Bhagwan Mahavi, ein Jain Heiliger aus Buddhas Zeit. Von dem Aussichtsberg sind noch weitere alte Tempel und Festungen zwischen all dem grün zu sehen.
Als ich das historische Zentrum von Ur-Delhi endlich doch gefunden habe ist es schon zu spät. Außerdem 500rs Eintritt für Ausländer.
Also zurück ins Hotel und den Rucksack geschultert und quer durch die Stadt zum Bus.
... Hab' jetzt noch bis zur Abfahrt eine Stunde Zeit zum eintippen des Blogs, bevor die 14h Bus Gewalttour beginnt.. Hoffentlich kann ich heute Nacht wenigstens etwas schlafen.

Der Bus war relativ bequem. Die Inder haben für alle importierte Busse (also nicht die lokalen TATA Busse) das Synonym 'Volvo Bus' und das schlägt sich auch sofort im Preis nieder. Bin irgendwann zwischen 2 und 4 in einen Halbschlaf eingenickt. 526km Distanz zeigt mein Navi in Kullu an. In Delhi noch 2x fünfspuriger Highway, das letzte Drittel der Strecke nur noch dauergekurve und gehupe.

So. 24.9.2017 :
Der Nachtregen löst sich auch in Kullu langsam auf. Noch habe ich keine Augen für die großartige Kulisse.
Der Wildwasser Beas, der von nur 15km entfernten 6000er Gletschern gespeist wird, fließt  durchs 1200m hoch gelegene Kullu, eingerahmt durch 3000er Berge mit Almwiesen Feeling.

Die ersten drei Hotels /Guesthäuser voll, dann im 4ten ein Zimmer ohne WiFi😤, dafür aber der tosende Beas als Grundrauschen mit 70dB +. Was soll's.
Der Busfahrplan zeigt als täglich ersten Bus einen nach Kaza an und der Mann hinterm Schalter bestätigt's mir, Start 4:00 nur das Tickets vorher lösen. Wahnsinn, der wird in paar Tagen meiner.
..klettere förmlich aus der Stadt. Granatäpfel und Apfelsinenbäume. Ich nach 100 Höhenmetern im Eilgang schon ziemlich außer Puste. Komme dazu wie eine Kuh erst ein heiliges Halsbändchen, dann ihr Taka (3.Auge) auf die Stirn und denn schließlich den Rest vom gestrigen Dahl bekommt. Komme mit 2 Jugendlichen ins Gespräch und wir sitzen 10min später im neuen Haus ihrer Eltern. Sie entschuldigen sich zig mal, daß es so schlimm aussehe; sind gerade im Umzug. Sie sprechen ein prima Englisch , nicht diesen schrechlichen India-Dialekt. Später kommt noch ihre Mutter dazu und zum Abschied bekomme ich sogar noch ein kleines Gastgeschenk.

Wieder unten am Fluß ein Hüttenviertel mit überall wehenden buddhistischen Gebetsfahnen. (Sind aber keine Tibeter !) Und was die Jugendlichen hier rauchen, ist bestes Gras welches paar km flußabwärts überall am Wegesrand wachsen soll. Eine Kollonie deutscher Ex-Hippies soll unter anderen Kullu und die Welt damit versorgen.
Eigentlich will ich zurück ins Hotel aber ein Tempel nicht weit flußaufwärts sollen dann doch mein letztes Ziel für heute werden.
Irgendetwas besonderes läuft hier ab. Es ist der erste Teil einer traditionellen Kulluer Hochzeit. Eine der Mütter überreicht den Männern der anderen (?) Familie feierlich neue Kappen, die typischen Kopfbedeckung in den Täler hier. Ich werde förmlich durchgereicht und stehe mit einem Mal mit in der Familien Reihe. Zum Schluß werde ich vom Brautvater offiziell für morgen 10:00 zur Hauptfeier eingeladen. Es sollen 750 bis 1000 Gäste kommen. Wow, kann's kaum fassen.
( Als besondere Aufmerksamkeit und Delikatesse für alle heute Beteiligten gab nur ganz leicht angekochten Schafspansen und Därme. So schnell wie ich ein Stück im Mund hatte, hatte ich es auch wieder draußen --Sorry )


Mo. 25.9.2017
Nach dem Schlafdefizit von gestern wecke ich erst gegen 8 auf und mache mich so schick wie's halt geht. (+ Rasur)
Ist dann aber doch eine Stunde Fußmarsch bis zum Hochzeitsfest. Höre schon von fern die Musik. Die Gäste singen und tanzen schon, und an dem Bräutigam wird einer der heutigen noch so vielen Hochzeits-Zermonien vollzogen.








Was ich von ihm sehe sind der  Polyester Anzug , mit Tenna bemalte Hände und rot lackierte Fingernägel. Auf dem Kopf ein LED blinkendes Etwas und lauter Perlenschnüre, die sein Gesicht verschleiern.
Die Brautmutter nimmt mich mit in einem kleinen Raum, in dem später die Trauung vollzogen wird. Am Kleid der Braut wird noch gezupft und gezogen. Von ihr selbst siehe ich aber ebenfalls nur die Tenna verzierten Hände und Füße. Der Bräutigam wird hereingebracht und ein Priester beginnt vor einem Shiva Bild die eigentliche Trauung. Ich sitze mit vielleicht nur 20 Angehörigen in dem winzigen Raum auf dem Boden und versuche zu verstehen was ich sehe. Als der Priester die Hände der beiden mit einem Tuch bedeckt und mit Wasser übergießt, ist wohl der große Schritt getan. Die Gesichter des Paares werden freigelegt und sie stecken sich gegenseitig Ringe an.
























Sein Ring ist aber selbst für seinen kleinen Finger zu klein und wandert wieder in die große Alukiste, die die heutigen Geschenke aufnehmen muss. Das Brautpaar sind junge Leute, Sie ist klein, hat ein hübsches Gesicht und ist 20. Er vielleicht 23 mit einem Dreitagebart.
Das Paar wird mit lautem Gesang ins Freie gebracht wo die Hochzeitszeremonie noch ungefähr 4 Stunden weiter vollzogen wird. Ein Hochzeitsführer erklärt den beiden immer genau nach einem Buch, was der Priester von ihnen als nächstes erwartet. Dazu gehören unter anderem mit Reis werfen, Butteröl zu verbrennen, sich zu füttern, sich Fäden unter den Füßen heraus ziehen und und und....
Das Paar wird von den den Familienangehörigen und dem Hochzeits Video-makern bei allen genau beobachtet, währenddessen sich die anderen Gäste über den Tee und die Süßigkeiten her machen.

Die Braut macht nach mehreren Stunden einen ziemlich kaputten Eindruck. Während sie in der Hitze Punkt für Punkt mit abarbeiten muss, tanzen , essen und trinken all die anderen. Zwischendrin gehen die Gäste zum Mittagessen.
Auf einem Betonwege, gleich neben den brodelnden Riesentöpfen sitzen wir auf dem Boden und uns wird Roti (köstliches Fladenbrot), Reis und Gemüsecurry auf Papptellern gereicht. Dazu gibt's kaltes Gebirgswasser aus der Leitung, ebenfalls in Pappbechern. Im Hauptzelt gibt's Eis für die Kinder und die in Öl ausgebackenen Zuckerkringel. Gibt's eigentlich an jeder Ecke in Indien. Ist reiner Zucker mit Wasser zu einem dicken Sirup aufgelöst um dann als Kringel ins heiße Öl (zumk karamellisieren) laufen zu lassen. Die Inder lieben das. Später gibt's noch Nesskaffee in heißer Milch mit noch mehr Zucker.
Ich sitze zwischen den vielen Gästen und gehöre einfach dazu. Es wird geplauscht, gelacht, die Kinder spielen oder versuchen mich zu necken.
Und immer wieder beginnen die Musik. 4-5 Trommeln, eine Art Flöte und zwei riesige Messing Hörner.
Der Tanz ist eine Art Polynese im Wiegeschritt , die von Männern angeführt wird. Dabei wird lauthals zu dem Trommelrhythmus gesungen. Eine Runde dauert mindestens eine Stunde (Eigentlich immer bis zur fast-Erschöpfung der Trommler)
Nachmittag, der Braut geht etwas schlecht. Ist auch ein riesen Pensum und in ihrem Kleid bestimmt höllig warm.

Alle sind entspannt. Die Alten in ihren traditionellen Kleidern sitzen im Schatten und ich laufe mal  für eine Stunde weiter hoch in die Berge bis zu einem Wasserfall.
Gegen 7 geht es der Braut wieder besser. Nur hat sie jetzt  (und auch die Brautmutter) Tränen in den Augen, denn ab jetzt geht es ins neue Haus der Schwiegereltern. Mit riesen Tamtam und Gesang wird das Brautpaar zum Auto gebracht und das war's.
Ich weiß nicht, wie ich mich bei meinen neuen Freunden jemals für diesen wunderschönen Tag und all die unkomplizierte Offenheit bedanken soll. Ich werde euch und denn heutigen Tag nie vergessen.

Di. 26.9.2017:
Sitze gerade in einem Cybercafé um wenigstens die offline Blogs los zu werden. Bin in aller Frühe  zu einen Tagesausflug ins Parbati Tal aufgebrochen. Über den Busstand des lokalen Flughafens  geht's nach Osten. Zwischen Pinienwälder überall Campingplätze und Raftingangebote.
Der Hauptort fast am Ende des Tales ist Manikar. Wegen seiner heißen Quellen als Heiligtum von den Hindus und Sikh gleichermaßen verehrt. Da bei den Sikh baden mit zu den Ritualen gehört, haben sie gleich neben ihren Tempel ein Bad gebaut, welches Sikh-typisch für alle frei ist. Wird so auch von einigen Hippies zur großen  Körperpflege genutzt, die dass kostenlose Mittagessen gleich mit annehmen.
Es kommt gerade eine Gruppe Männer mit ihrem Dorfheiligen zum Hindu Tempel in Ort.



Ist ein Teil die Dussehara Prozession, die es überall in HP gibt.


Es ist wirklich wahr, Cannabis wuchert hier überall am Wegesrand.


 Habe schon das Busticket nach Kaza in der Tasche. Morgen 4:00 geht's los. Dann wird das erste Mal  die 4500m Marke geknackt.



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